Was mich persönlich betrifft, haben mich Rechner immer fasziniert, seit ich Mitte der sechziger Jahre angefangen habe, damit zu arbeiten. Aber ich hatte nie das Gefühl, richtig dazu zu gehören. Anstatt jetzt meine Energie zu verschwenden, indem ich dieses Gefühl bekämpfe, habe ich mich entschieden, die Gründe dafür herauszufinden.
Ich würde es in zwei Kategorien aufgliedern: zum einen die Art und Weise, wie das Thema Computer präsentiert wird, und in welcher Umgebung das geschieht. Hier ordne ich die Sprache und die Metaphern ein, die wir benutzen, die Bilder in der Werbung und in Büchern, und dann natürlich Spiele. Nicht nur die Art von Computerspielen - ,,Schlagt-sie-zusammen-und-schießt-sie-tot``, sondern auch, wie Frauen in diesen Spielen dargestellt werden. Und natürlich gehören auch zwischenmenschliche Beziehungen dazu: das Verhalten von Lehrern und Dozenten beispielsweise, oder wie Jungs mit ihren Mitschülerinnen oder -studentinnen umgehen.
Die zweite Ansammlung von Gründen liegt in der Natur der Informatik selbst. Von Anfang an dominierten Mathematiker und die Hardwareleute das Feld. Die Informatik selbst ist sich jedoch noch nicht ganz sicher über ihre Identität. Wegen dieses Mangels an Selbstbewußtseins, denke ich, ist da der Wunsch, sich eine Art männlicher Identität zuzulegen, indem man eine Natur- oder Ingenieurwissenschaft sein will. Und dieses natur- oder technikwissenschaftliche Image stößt Frauen ab.
Die ganze Selbstdarstellung der Computerwelt und die Aufgabenstellung in der Informatik müßten völlig neu gedacht werden. Zum Beispiel müßten wir uns mit Problemen beschäftigen, die keine einfache Lösung - Fehler oder Erfolg - haben, oder Software entwickeln, die viel mehr Interaktion erlaubt. Und wir sollten nicht mehr sagen: ,,Der Computer löst Ihr Problem¡`, sondern stattdessen zeigen, wie Rechner Menschen bei ihren Aufgaben unterstützen können.
Das Internet als Ausgangspunkt zu nehmen ist eine Möglichkeit. Ich denke, es kann sehr aufregend sein, sich gleich als erstes mit Leuten am anderen Ende der Welt zu unterhalten. Und dann gibt es die Multi-User-Dungeons, wo man sich eine neue Persönlichkeit zulegen kann.
Männer sollten Frauen einfach ermutigen, selbst alles auszuprobieren und herauszufinden, was wie geht. Sie sollten nur nicht dabeisitzen und ständig Hilfe anbieten.
Was meine Arbeit betrifft: Internationale Vergleiche liefern einen Einblick in die eigene, heimische Umwelt. Sie helfen, Dinge im eigenen Land zu sehen, die einem ansonsten verschlossen bleiben.
Eine Sache ist, daß die verschwindend geringe Anzahl von Frauen in der Informatik ein allgemeines Phänomen darstellt. So kann ich meinen Informatiker-Kollegen sagen, daß das ein großes und sehr interessantes Problem ist, das wir aufgreifen müssen, und daß es in unser aller Interesse ist, es zu lösen.
Äußerst interessant sind auch die Unterschiede in Ost- und Westdeutschland, was Frauen in Naturwissenschaften und im Computerbereich betrifft, und der Einfluß, den die Wiedervereinigung darauf hatte. Das kann uns Hinweise darauf geben, warum die Dinge für Frauen im Computerbereich so schlecht aussehen.
Die andere Sache ist, daß wir jetzt mit dem Institut für Informatik und Gesellschaft zusammenarbeiten, und weltweite Zusammenarbeit wird hoffentlich dazu führen, daß eine kritische Masse von Frauen zusammenkommt, die die Voraussetzung dafür ist, daß die Dinge sich ändern.
Frances Grundy ist Informatik-Dozentin an der University of Keele/England. Zur Zeit lehrt und forscht sie als Gastwissenschaftlerin am Institut für Informatik und Gesellschaft der Universität Freiburg. Das Interview führte und übersetzte Patricia Jung.